BEWEGUNG UND GEHIRN
Bewegung wirkt nicht nur auf Muskulatur und Stoffwechsel, sondern auch positiv auf das Gehirn. Die Hintergründe für diesen Zusammenhang sind noch unklar. Möglicherweise führt Bewegung zu einer besseren Gehirndurchblutung und damit Leistungsfähigkeit. Daneben bestehen andere Theorien rund um Bewegung und Gehirnaktivität. Dazu einige Beispiele:
Bewegung bewirkt „Gehirn-Reset“:
Bewegung aktiviert die Steuerzentrale im motorischen Kortex. Gleichzeitig sinkt die Aktivität im präfrontalen Kortex. Dieser Gehirnbereich ist zuständig für das logische Denken und Planen. Damit bewirkt Bewegung einen Neustart der Denkprozesse und möglicherweise „besseres denken“.
Bewegung verlangsamt den Dopamin-Abbau:
Neben der Entlastung des präfrontalen Kortex könnte Bewegung auch den Hormonhaushalt beeinflussen. Sport verlangsamt den Abbau des Botenstoffs Dopamin, der für Denkprozesse im präfrontalen Kortex wichtig ist. Ein sinkender Dopamin-Spiegel führt unter anderem zu nachlassender Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit.
Bewegung fördert die Neuroplastizität:
Bei körperlicher Anstrengung setzt das Gehirn Neurotrophine wie BDNF (brain-derived neurotrophic factor) frei. Diese Wachstumsfaktoren fördern die Bildung neuer und die Verknüpfungen zwischen bestehenden Nervenzellen – beispielsweise im Hippocampus, der Lern- und Erinnerungszentrale des Gehirns 1.
Bewegung ist eine Gehirnleistung
Jede Bewegung ist das Ergebnis komplexet Gehirnleistungen, die in Sekundenbruchteilen ablaufen. Dabei plant die prämotorische Rinde (supplementär-motorischen Areal) im hinteren Teil des Stirnhirns bewusste Bewegungen. Die motorische Rinde, ein Teil der Großhirnrinde, steuert die Ausführung der Bewegung. Von dort gelangen die Befehle über Nervenfasern im Rückenmark an die Muskeln, die die Bewegungen ausführen. Über den Hirnstamm und das Rückenmark übertragen Motoneuronen den Bewegungsreiz an die Muskelzellen. Das Kleinhirn überwacht die Muskelarbeit und vergleicht die geplante und die tatsächlich ausgeführte Bewegung. Die Kommunikation verläuft aber auch in die andere Richtung: Über die aufsteigenden Nervenbahnen geben andere Motoneuronen Rückmeldungen an die sensomotorische Rinde weiter 2.
Gehirnentwicklung und Bewegung
Die Entwicklung motorischer Grundfertigkeiten findet in der frühen Kindheit statt. Dafür nötige Reifungsprozesse des Gehirns beginnen bereits vor der Geburt. Die für Bewegungsabläufe zuständigen Gehirnareale beginnen, sich schon in der siebten Schwangerschaftswoche zu vernetzen. Wenn das Neugeborene zur Welt kommt, verfügt es bereits über zahlreiche Reflexe. Es dreht den Kopf in die Richtung, aus der es Berührung erfährt und beginnt zu saugen. Es umklammert sogar schon den Finger, wenn man ihn in seine Hand legt. Es kann sich bereits in Bauchlage mit den Füßen von der Unterlage abstoßen 3. Erst mit dem vollendeten zweiten Lebensjahr können Kleinkinder schwierigere körperliche Koordinationsaufgaben wie einen Purzelbaum meistern. Von da an bleibt das „Entwicklungsfenster“ für die motorischen Grundfähigkeiten bis zum Ende des vierten Lebensjahres offen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte ein Kind ein Dreirad mit koordinierten Beinbewegungen fahren und steuern können [3].
Letzte Aktualisierung: 11.05.2021
REFERENZEN
[1] Wundermittel Bewegung, Zeit Online, 18. Februar 2014, Zugriffsdatum 17. Juni 2018: https://www.zeit.de/zeit-wissen/2014/02/sport-bewegung-gesundheit-therapie/seite-3
[2] Modifiziert nach: Bear M. F. et al., Neurowissenschaften, Ein grundlegendes Lehrbuch für Biologie, Medizin und Psychologie, 4. Auflage 2018, Springer-Verlag, ISBN: 978-3-662-57262-7, Zugriffsdatum 17. Juni 2018: https://www.springer.com/de/book/9783662572627
[3] Modifiziert nach: Brand-Saberi B. et al., Taschenlehrbuch Embryologie, 12. Auflage 2014, Thieme-Verlag, ISBN: 9783134466126, Zugriffsdatum 17. Juni 2018: https://www.thieme.de/shop/Anatomie-Histologie-Embryologie/Brand-Saberi-Drews-Sadler-Taschenlehrbuch-Embryologie-9783134466126/p/000000000109740112