SCHMECKEN UND GESCHMACKSSINN

Süß, sauer, salzig, bitter und umami (fleischig, herzhaft) sind die fünf „gustatorischen Wahrnehmungen“, die der menschliche Geschmacksinn unterscheiden kann. Scharf gewürztes Essen nimmt nicht die Zunge, sondern der Gesichtsnerv Nervus trigeminus wahr. Tausende Ausläufer dieses schmerzleitenden Nervs enden sowohl in den Schleimhäuten der Nase und des Mundes. Der trigeminale Nerv vermittelt prickelnde, brennende, beißende, stechende und kühlende Eigenschaften von Substanzen.

So funktioniert das Schmecken

Das subjektive „Schmecken“ entsteht aus dem Zusammenspiel von Geschmacks-, Geruchs- und Tastsinn. Experten schätzen, dass die Sinneszellen der Nase etwa 80 bis 90 Prozent des Geschmacks vermitteln. Nicht nur die Zunge, auch der Gaumen und der Kehldeckel tragen rundliche Erhebungen: die Geschmackspapillen. Auf den Papillen sitzen etwa 50 bis 100 Geschmacksknospen mit den Sinneszellen für die Wahrnehmung verschiedener Grundgeschmäcker. Im Mund eines Erwachsenen finden sich etwa 2.000 bis 5.000 Geschmacksknospen. Sie sind nicht nur auf die Wahrnehmung eines bestimmten Geschmacks spezialisiert, sondern jede Knospe bündelt Sinneszellen für unterschiedliche Geschmacksqualitäten. Jede Sinneszelle enthält aber nur Rezeptoren für einen einzigen Grundgeschmack. Am dichtesten ist das hintere Drittel der Zunge mit Papillen besiedelt. Dort befindet sich etwa die Hälfte der Geschmacksknospen. In bestimmten Zungen-Arealen konzentriert sich die Sensitivität für eine spezifische Geschmacksqualität.

Geschmackszentren auf der Zunge

Bisher konnte man fünf solcher Geschmackszentren lokalisieren:

  • Auf der Zungenspitze liegt das Zuckerzentrum,
  • das Umamizentrum im zentralen Bereich der Zunge,
  • das Bitterzentrum im Zungenhintergrund,
  • das Salz- und Säurezentrum liegen am seitlichen Zungenrand.

Schmecken – von der Zunge ins Gehirn

Salzige und saure Geschmacksreize erzeugen im Inneren der Rezeptorzelle eine niedrige elektrische Spannung. Bei den anderen Geschmacksqualitäten entsteht der elektrische Impuls erst infolge biochemischer Umwandlungsprozesse. Nachgeschaltete Nervenbahnen befördern die wahrgenommenen Informationen an das Gehirn weiter. Bei der Weiterleitung von Geschmacksreizen benutzen die Nervenzellen in etwa die gleichen Wege wie die Nervenzellen des Geruchssinns. Zwischen Gehirn, Zunge und Gaumen finden zahlreiche Rückkoppelungen statt, die im Detail noch nicht erforscht wurden.

Die Rolle der Geschmacksrezeptoren

Für die Geschmackswahrnehmung „süß“ ist bislang nur ein Rezeptor bekannt, der jedoch sehr einflussreich ist. Denn das Belohnungssystem im Gehirn reagiert überdurchschnittlich positiv auf „süß“. Möglicherweise hängt diese Reaktion damit zusammen, dass zuckerhaltige (süße) Nahrungsmittel zumeist sehr energiereich sind und so einen Überlebensvorteil für den Menschen boten. Dagegen gibt es 25 identifizierte Rezeptoren für den bitteren Geschmack.
Sie übernahmen früher eine lebenswichtige Warnfunktion vor giftiger Nahrung. Auch die Rezeptoren für den Salzgeschmack hatten eine wichtige Funktion, da der Körper auf Salz zur Reizweiterleitung angewiesen ist. Der saure Geschmack warnte früher vor unreifen Früchten und verdorbenen Speisen. Der in Japan entdeckte und in westlichen Kulturen noch eher unbekannte Grundgeschmack Umami könnte ein Signal für wichtige tierische oder pflanzliche Proteinquellen gewesen sein.

Welche Geschmacksstörungen gibt es?

  • Angeborene Riech- oder Geschmacksstörungen sind selten. Ein vollständiger Verlust des Geschmackssinns (Ageusie) kann beispielsweise nach einer Schädelverletzung entstehen und führt meist zu einem erheblichen Verlust an Lebensqualität.
  • Die häufigste Geschmacksstörung ist das Falschschmecken (Parageusie). Im Gegensatz zur Ageusie schmecken Betroffene nicht weniger, sondern falsche Geschmacksqualitäten- beispielsweise schmeckt ein Stück Kuchen nicht süß, sondern bitter. Bei manchen Menschen ist nur eine bestimmte Geschmackswahrnehmung betroffen, bei anderen schmeckt alles nur noch bitter.
  • Bei einer Phantogeusie nehmen die Betroffenen nicht vorhandene Schmeckreize wahr.

Welche Ursachen sind für Geschmacksstörungen verantwortlich?

Die häufigsten Ursachen für Geschmacksstörungen sind

  • Virusinfektionen,
  • Schädelverletzungen,
  • giftige Substanzen sowie
  • zahnärztliche Behandlungen.

Aber auch einige Medikamente, Verletzungen von Hirnnerven nach Operationen, Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder eine Schilddrüsenunterfunktion können den Geschmackssinn einschränken. Experten diskutieren psychische, ernährungsbedingte oder hormonelle Probleme bei anhaltendem bitterem oder metallischem Geschmack. Auch Probleme im Mittelohr können zu Geschmackstörungen führen. Dann können die Betroffenen nur noch auf einer Seite der Zunge süßen Geschmack wahrnehmen oder verspüren einen metallischen Geschmack im Mund.

Wie werden Geschmacksstörungen behandelt?

Derzeit gibt es kaum erfolgreiche Therapiemaßnahmen. Häufig steht eine Behandlung der Grunderkrankung – zum Beispiel eine Infektion – im Vordergrund, so dass sich der Geschmackssinn nach Wochen bis Monaten wieder einstellt. Bei schweren Geschmacksstörungen gibt es die Möglichkeit, die Zunge mit einem lokalen Betäubungsmittel „einzuschläfern“. Bei Entzündungen der Mundschleimhaut kommen zum Teil Antibiotika zum Einsatz. Viele Geschmacksstörungen legen sich mit der Zeit ohne Behandlung. Zwei Drittel der Falschschmecker können ohne therapeutische Hilfe innerhalb eines Jahres wieder normal schmecken. In manchen Fällen kehrt der Geschmack spontan zurück.

Letzte Aktualisierung: 02.08.2019

REFERENZEN

Modifiziert nach: Behrends, J. et al., Physiologie, 21. Gustatorisches und olfaktorisches System, 3. Auflage 2017, Springer-Verlag, ISBN 9783131384133, Zugriffsdatum 20. Mai 2018: https://www.thieme-connect.de/products/ebooks/lookinside/10.1055/b-0036-139082