WENN DAS NERVENSYSTEM KRANK WIRD
Erkrankungen des Nervensystems – neurologische Erkrankungen – beeinträchtigen häufig erheblich die Lebensqualität der Betroffenen und führen manchmal bis zum Tod.
Dieser Überblick fasst 6 Erkrankungen des Nervensystems zusammen.
- Morbus Alzheimer
- Epilepsie
- Multiple Sklerose
- Morbus Parkinson
- Chorea Huntington
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
1. Morbus Alzheimer
Bei der langsam fortschreitenden Alzheimer-Demenz kommt es zu
- charakteruntypischen Verhaltensänderungen,
- Stimmungsschwankungen,
- verminderten Gedächtnisleistung und
- zum zunehmenden Nachlassen kognitiver Fähigkeiten.
Am Ende der neurodegenerativen Alzheimer-Erkrankung steht der vollständige Verlust der Persönlichkeit, der körperliche Verfall und schließlich der Tod der Patienten. 1906 beschrieb erstmals der Psychiater Alois Alzheimer die nach ihm benannte Demenz-Erkrankung1.
Alzheimer – häufig Erkrankung im hohen Lebensalter
Morbus Alzheimer ist die häufigste dementielle Erkrankung. In Deutschland leben etwa 1,6 Million Menschen mit einer Demenz. Jährlich erkranken etwa 300.000 Menschen hierzulande neu an dementiellen Erkrankungen, die verschiedene Ursachen haben. Nach Schätzungen aus 2015 waren es weltweit 46,8 Millionen Demenz-Erkrankte. Mindestens zwei Drittel aller Demenz-Erkrankungen in den westlichen Ländern lassen sich auf Alzheimer zurückführen [2]. Zwei Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit an Alzheimer-Demenz zu erkranken: eine genetische Vorbelastung und das steigende Lebensalter1. Bei dementiellen Erkrankungen allgemein steigt das jährliche Neuerkrankungsrisiko von durchschnittlich 0,53 Prozent unter den 65- bis 69-Jährigen bis auf über 12 Prozent ab dem 90. Lebensjahr2.
Demenz – bei Frauen häufiger
Das Geschlecht gilt als ein dritter Risikofaktor für Demenz. 70 Prozent aller an Demenz Erkrankten im höheren Lebensalter sind Frauen. Ausschlaggebend dafür ist ihre höhere Lebenserwartung2. Dazu kommen Vermutungen, dass die zurückgehende Menge des weiblichen Hormons Östrogen nach den Wechseljahren eine Rolle spielen könnte1.
Genetische Ursachen für Alzheimer
Mitverantwortlich für die Alzheimer-Demenz sind vermutlich zwei Veränderungen im Erbgut (Mutationen):
- APP-Gens (Amyloid-Precursor-Protein) auf Chromosom 21. Es spielt vermutlich eine wichtige Rolle bei der Synapsen-Bildung.
- APOE-Gens (Apolipoprotein E) auf Chromosom 19.
Daneben gibt es eine erbliche Alzheimer-Variante aufgrund einer Veränderung des PSEN1-Gens (Präsenilin) auf Chromosom 14. Von dieser Alzheimer-Form sind auch Unter-30-Jährige betroffen1.
Alzheimer – senile Plaques im Gehirn
Im Gehirn von Alzheimer-Patienten finden sich Eiweiß-Ablagerungen (Amyloid-Plaques oder senile Plaques). Diese Plaques bestehen aus kleinen Eiweißverbindungen (Peptide) des Beta-Amyloids. Sie sind fehlerhaft gefaltet und lagern sich in großen Mengen an Blutgefäße und Nervenzellen im Gehirn an. Besonders betroffen sind der Hippocampus und andere Gehirn-Bereiche, die für das Langzeitgedächtnis zuständig sind. Neben den Amyloid-Plaques heften sich zudem Ablagerungen des Tau-Proteins an die Gehirn-Nervenzellen.
Oxidativer Stress im Gehirn
Die molekularen Zusammenhänge der Alzheimer-Entstehung sind noch unklar. Eine häufig genannte Vermutung geht davon aus, dass die Eiweiß-Ablagerungen oxidativen Stress verursachen. Der dabei entstehende hochreaktive Sauerstoff führt zum Absterben von Nervenzellen und verursacht in der Folge die Demenz-Symptome. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Hirnatrophie: Mit dem Absterben der Nervenzellen verkleinert sich die Gehirnmasse. Daneben reduziert das Gehirn die Produktion des wichtigen Botenstoffs (Neurotransmitter) Acetylcholin1.
Demenz senkt die Lebenserwartung
Demenz-Erkrankungen verkürzen die verbleibende, altersübliche Lebenserwartung. Dabei gilt, dass die Überlebenszeit umso geringer ist, je später im Leben die Erkrankung eintritt, je schwerer die Symptome sind und je mehr körperliche Begleiterkrankungen bestehen. Nach europäische Studien beträgt die mittlere Erkrankungsdauer 3 bis 6 Jahre mit großen Schwankungen. Bei einem Eintritt vor dem 65. Lebensjahr, dauert die Demenz-Erkrankung im Durchschnitt 8 bis 10 Jahre. Bei einem Beginn zwischen 65 und 75 Jahren verringert sie sich auf weniger als 7 Jahre, zwischen 75 und 85 auf weniger als 5 Jahre2. Alzheimer-Demenz ist derzeit nicht heilbar2.
2. Epilepsie
Typisch für die Epilepsie sind krampfartige Anfälle – zumeist mit Bewusstlosigkeit der Betroffenen. Sie treten wiederholt spontan auf, ohne erkennbare Ursache. Auslöser für die Krampfanfälle sind Funktionsstörung des Gehirns. Dabei kommt es schlagartig und synchron zu elektrischen Entladungen ganzer neuronaler Netzwerke ausgehend von der Großhirnrinde1. 0,5 bis 1,0 Prozent aller Menschen leiden an Epilepsie (Prävalenz). Demnach gäbe es in Deutschland 400.000 bis 800.000 Betroffene. Die Neuerkrankungsrate (Inzidenz) liegt bei 0,04 Prozent jährlich – 30.000 Neufälle3.
Die Folgen der Epilepsie-Anfälle
Meist dauern die epileptischen Anfälle nur wenige Minuten. Desorientierung und Erschöpfung können danach noch über Stunden andauern. Typischerweise können sich die Betroffenen im Anschluss nicht mehr an den Anfall erinnern. Leichte Anfälle verlaufen üblicherweise ohne Gehirnschädigungen. Schwere Anfälle mit mehr als 15 Minuten Dauer oder auch Serienanfälle ohne Erholungspausen können zu irreversiblen Schädigungen oder bis zum Tod führen. Weitere gesundheitliche Folgen eines epileptischen Anfalls können Unfälle oder Verletzungen sein. Sie entstehen durch unkontrollierte Bewegungen und die plötzliche Bewusstseinseintrübung1.
Die Auslöser der Epilepsie
Grundsätzlich kann jeder Mensch von einem epileptischen Krampfanfall betroffen sein, wenn sein Gehirn einem entsprechend starken physikalischen oder chemischen Reiz ausgesetzt wird1. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 5 Prozent der Menschen einmal einen epileptischen Anfall erleben. Auslöser können sein: Fieber, Schlafmangel, Alkoholmissbrauch oder schnelle Lichtwechsel3. Für diese so genannte idiopathische Form der Epilepsie scheinen erbliche Ursachen eine Rolle zu spielen. Dagegen hat eine symptomatische Epilepsie organische Ursachen wie Sauerstoffmangel bei der Geburt, Entzündungen oder Blutungen im Gehirn, Tumoren, Stoffwechselerkrankungen und Vergiftungen1.
Die Ursachen der Epilepsie
Die Ursachen von Epilepsien sind noch nicht vollständig geklärt. Nach Vermutungen sind bei der Gehirnfunktionsstörung Epilepsie die Rhythmen zwischen verschiedenen Gehirnarealen gestört. Besonders betroffen sind die Großhirnrinde und der Thalamus. Als größter Teil des Zwischenhirns funktioniert der Thalamus wie ein Taktgeber für viele Gehirnfunktionen. Bei Epilepsie führen defekte Zellareale im Thalamus dort zu einem langsameren Rhythmus. Die Areale der Hirnrinde verlangsamen dadurch ebenfalls ihren Rhythmus oder sie überkompensieren mit höheren Frequenzen. Weitere mögliche Ursachen sind Ungleichgewichte zwischen erregenden und hemmenden Neurotransmittern wie einerseits Glutamat und Aspartat und andererseits Gamma-Aminobuttersäure (GABA). Sie können Defekte in den Ionenkanälen der Nervenzellen verursachen. Dadurch verändern sich die Eigenschaften der Nervenzellmembranen und es kommt zu Anfallsentladungen1.
Die Therapie der Epilepsie
Epilepsie ist nur selten heilbar. Daher müsse die Betroffenen meist ein Leben lang Medikamente einnehmen, um die Erregbarkeit der Nervenzellen zu dämpfen und die Krämpfe zu unterdrücken. In einigen Fällen kann eine Gehirnoperation helfen1.
3. Multiple Sklerose
In Deutschland leben nach Schätzungen zwischen 130.000 und 200.000 Menschen mit Multiple Sklerose (MS) – einer chronisch-entzündlichen Autoimmunerkrankung des Zentralen Nervensystems. 70 Prozent der Betroffenen sind Frauen4. Multiple Sklerose wird in der Regel zwischen dem 20 und 40 Lebensjahr festgestellt. Seltener tritt sie im Kindes- und Jugendalter oder bei Über-65-Jährigen auf5.
Autoimmunreaktion als Auslöser der Multiple Sklerose
Auslöser der MS sind körpereigene Abwehrzellen: T-Lymphozyten (weiße Blutkörperchen). Statt gegen äußere Erreger richten sie sich gegen das eigene Nervengewebe und das Gehirn. Dort zerstören die Immunzellen die Isolierschichten der Nervenzellen (Myelinscheide). Diese Isolierschichte ermöglichen bei Gesunden eine optimale Reizweiterleitung. In der Folge entstehen Entzündungen und Schädigungen an den Nervenfortsätzen (Axone). Da die Entzündungsherde überall im Zentralen Nervensystem auftreten können, sind die durch Multiple Sklerose verursachten Störungen wenig vorhersehbar1.
Die Symptome der Multiple Sklerose
Das Gehirn kann die Folgen der Immunattacken teilweise ausgleichen. Werden im Krankheitsverlauf jedoch zu viele Nervenzellen geschädigt, versagt der Reparaturmechanismus und es kommt zu dauerhaften Behinderungen. Typische Symptome zu Beginn der Multiple Sklerose-Erkrankung sind Sehstörungen, Kribbeln in den Extremitäten, Schwächegefühl in den Beinen und Gleichgewichtsstörungen. Sie klingen oft innerhalb weniger Wochen von selbst wieder ab. Später leiden viele Patienten unter Zittern, Störungen der Bewegungskoordination und an spastischen Krämpfen, die Muskelschmerzen und Lähmungen verursachen können1.
Schubförmig oder progressiv – der Verlauf der Multiple Sklerose
Der Verlauf einer MS ist nicht tödlich, häufig nicht vorhersehbar und sehr unterschiedlich. Erkrankte können jahrzehntelang nahezu beschwerdefrei bleiben oder innerhalb weniger Jahren an den Rollstuhl gefesselt sein. Bei 90 Prozent der Patienten entwickelt sich die MS in Schüben. Daneben gibt es eine progressive Form mit einem kontinuierlichen Verlauf. Ein zu Beginn schubförmige kann in eine progressive MS übergehen. Multiple Sklerose ist derzeit nicht heilbar. Medikamente können den Erkrankungsverlauf verzögern1.
Die unklaren Ursachen der MS
Zu den derzeit noch unklaren Ursachen der MS bestehen eine Reihe von Vermutungen. So könnten die Eiweiß-Bausteine der Myelinschicht jenen von Viren ähneln. Daher verwechselt die körpereigene Abwehr das Myelin möglicherweise mit Krankheitserregern und zerstört es. Daneben stehen Umwelteinflüsse oder genetische Faktoren im Verdacht, Multiple Sklerose zu verursachen1.
4. Morbus Parkinson
Morbus Parkinson (früher: Schüttellähmung) gehört wie die Alzheimer-Demenz zu den neurodegenerativen Erkrankungen. Die Erkrankungshäufigkeit in Mitteleuropa beträgt 160 Fälle je 100.000 Einwohner. Demnach sind in Deutschland rund 147.000 Menschen von Morbus Parkinson betroffen. Das Risiko, an Morbus Parkinson zu erkranken, steigt mit de Lebensalter. Vor dem 50. Lebensjahr erkranken 30 Prozent und zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr 40 Prozent der Patienten. Zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr tritt die Erkrankung am häufigsten auf. Der Anteil der Parkinson-Erkrankungen vor dem 40. Lebensjahr beträgt rund 8 Prozent [6]. Nach den ersten Anzeichen der Erkrankung dauert es oft zehn Jahre und länger, bis der Patient nicht mehr handlungsfähig ist1.
Morbus Parkinson – was passiert im Gehirn?
Die Substantia nigra, ein Teil des Mittelhirns, bildet mit anderen Hirnstrukturen das extrapyramidale motorische System, das unter anderem die Bewegung kontrolliert. Die Nervenzellen der Substantia nigra übernehmen dabei eine Starterfunktion für Bewegungsabläufe. Dazu schütten die Nervenzellen den Botenstoff Dopamin aus. Beim Absterben dieser spezifischen Neuronen kommt es zu einem Ungleichgewicht mit den hemmenden Nervenzellen des Streifenkörpers (Corpus Striatum). Dadurch entsteht das für Parkinson typische Zittern. Die Ursachen für das Absterben der Nervenzellen der Substatia nigra sind unklar. Möglicherweise spielen genetische Faktoren und Umweltgifte eine Rolle1.
Die Symptome von Morbus Parkinson
Die typischen Parkinson-Symptome treten erst auf, wenn bereits 70 bis 80 Prozent der Dopamin-produzierenden Nervenzellen der Substatia nigra abgestorben sind. Neben dem konstanten Zittern (Tremor) leiden die Betroffenen unter einer verlangsamten und gestörten Bewegungsfähigkeit, Muskelsteifheit, starren Gesichtszügen, einer leisen und monotonen Sprechweise und einer gebückten Körperhaltung. Aus Angst vor Stürzen zeigen sie häufig einen schlurfenden Gang mit kleinen Schritten. Morbus Parkinson ist nicht heilbar. Medikamente können den Dopamin-Mangel teilweise ausgleichen1.
5. Chorea Huntington
Chorea Huntington (früher: „Veitstanz") gehört zu den erblich bedingten degenerativen Nervenerkrankungen. Kinder erben mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent die Veranlagung von ihren Eltern. Sie tritt mit einer geschätzten Wahrscheinlichkeit bei 5 von 100.000 Menschen und meist zwischen dem 35. Und 45. Lebensjahr auf. Innerhalb von 10 bis 20 Jahren nach Erkrankungsbeginn führt Chorea Huntington zum Tod7. Die nicht heilbare Erkrankung wurde erstmals 1872 vom amerikanischen Arzt George Huntington beschrieben1.
Die Symptome von Chorea Huntington
Erste Symptome von Chorea Huntington sind unwillkürliche Bewegungen, unkontrolliertes Grimassieren sowie Geistesabwesenheit. In der Folge verstärken sich die motorischen Defizite zu den typischen tänzelnden und torkelnden Bewegungen. Es kommt zum Verlust geistiger Fähigkeiten, zu Depressionen und Wutanfällen, die schließlich in eine Demenz münden. Komplikationen durch Schluck- und Atembeschwerden sowie Kopfverletzungen durch Stürze sind im Endstadium häufige Todesursachen1.
Die Ursachen von Chorea Huntington
Das für Chorea Huntington verantwortliche Gen HTT befindet sich auf Chromosom 4. Bei Gesunden ist es für die Produktion des Eiweißes Huntingtin zuständig. Huntingtin regt im Streifenkörper (Corpus Striatum) die Produktion des Wachstumsfaktors BDNF (brain-derived neurotrophic factor) an. BDNF ist wichtig für das Überleben von Nervenzellen im Streifenkörper. Dieser Teil des Gehirns kontrolliert unter anderem das Bewegungsverhalten und beeinflusst das Zusammenspiel kognitiver und emotionaler Leistungen.
Falscher Bauplan – die genetischen Hintergründe von Chorea Huntington
Bei der Umsetzung der Gensequenz für Huntingtin kann es zu Fehlern kommen. Dabei setzt der Körper beispielsweise zu viele Moleküle des Eiweißbestandteils Glutamin zusammen. In der Folge entsteht ein falsch geformtes, nicht funktionsfähiges Huntingtin-Eiweiß. Bei Huntington-Patienten wird das Genmuster für Glutamin irrtümlicherweise bis zu 250 Mal wiederholt. Je häufiger die Wiederholung, desto früher bricht die Erkrankung aus. Das falsch zusammengesetzte Huntingtin faltet sich anders und bildet Klumpen. Daher kann es die BDNF-Produktion nicht mehr fördern. Die Nervenzellen im Streifenkörper sterben ab und es kommt zu den typischen Chorea Huntington-Symptomen. Die Details dieser Zusammenhänge sind Mechanismen sind noch unklar. Chorea Huntington ist nicht heilbar. Medikamente können die Symptome mildern1.
6. Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine degenerative Erkrankung jener Nervenzellen, die für die willkürlichen Muskelbewegungen verantwortlich sind: die Motoneurone. Im Seitenstrang des Rückenmarks (Funiculus lateralis) verlaufen die Fasern der oberen Motoneurone und leiten die Befehle der Hirnrinde an die unteren Motoneurone weiter, deren Nervenfortsätze wiederum an den einzelnen Muskelfasern des Körpers enden1. Jährlich erkranken ein bis zwei von 100.000 Menschen in Deutschland an ALS – meist zwischen dem 50. Und 70. Lebensjahr. Männer erkranken um den Faktor 1,6 häufiger an ALS als Frauen8. Die Bezeichung „amyotrophe Lateralsklerose“ stammt vom französischen Neurologen Jean-Martin Charcot, der 1869 die ALS erstmals beschrieb1.
Die Symptome der ALS
Im Erkrankungsverlauf kommt es zu immer größeren Funktionseinschränkungen der Arm- und Beinmuskulatur sowie der Zunge, Lippen, Gesichtsmuskeln, des Gaumens, Rachens und Kehlkopfes. Zudem betroffen ist die bewusst kontrollierbare Atemmuskulatur des Rumpfs. Am Ende steht die vollständige Lähmung und Verkümmerung der Muskulatur. Nur die Augenmuskulatur bleibt unbeeinträchtigt. Die Schädigungen entwickeln sich und sind irreversibel. Typische Begleiterscheinungen sind Muskelzittern und schmerzhafte Muskelkrämpfe, oft auch Kontrollverlust bei Lachen, Weinen oder Gähnen. Gleichzeitig bleiben alle nicht-muskel-relevanten Gehirnfunktionen erhalten. Die Patienten erleben den Krankheitsverlauf bei vollem Bewusstsein und versterben nach etwa drei bis fünf Jahren meist durch Atemlähmung1.
Die Ursachen der ALS
Die Ursachen und Risikofaktoren der unheilbaren ALS sind unbekannt. Unklar ist zudem, warum ausschließlich die Motoneurone des Rückenmarks betroffen sind. Für etwa zehn Prozent der Fälle scheinen Mutationen im Gen für das Enzym Superoxid-Dismutase (SOD-1) verantwortlich zu sein. Das Enzym gilt als sehr wirksamer Fänger von freien Sauerstoff-Radikalen. Durch ALS wird auch das Cytoskelett der Nervenzellen geschädigt, ohne dass kein Stofftransport entlang des Axons der Nervenzelle möglich ist. Die Nervenzelle stirbt ab. Nach anderen Vermutungen könnten zu hohe Konzentrationen des Botenstoffs Glutamat eine Rolle spielen. Große Mengen von Glutamat können als Nervengift wirken, indem sie die Gleichgewichte an den Nervenzellmembranen stören1.
Letzte Aktualisierung: 23.03.2021
REFERENZEN
[1] Modifiziert nach: Berlit P., Basiswissen Neurologie, 6. Auflage 2014, Springer-Verlag, ISBN: 978-3-642-37783-9, Zugriffsdatum 06. Juni 2018: https://www.springer.com/de/book/9783642377839#aboutBook
[2] Informationsblatt 1, Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen, Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V., 2016, Zugriffsdatum 06. Juni 2018: https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/infoblatt1_haeufigkeit_demenzerkrankungen_dalzg.pdf
[3] Brandt C., Epilepsien in Zahlen, Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V., März 2018, Zugriffsdatum 06. Juni 2018: http://www.dgfe.org/home/showdoc,id,387,aid,217.html
[4] Wie viele Multiple Sklerose–Erkrankte gibt es in Deutschland? Bundesversicherungsamt rechnet mit mehr als 200.000, Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e. V., 20.01.2015, Zugriffsdatum 06. Juni 2018: https://www.dmsg.de/multiple-sklerose-news/ms-forschung/news-article/News/detail/wie-viele-multiple-sklerose-erkrankte-gibt-es-in-deutschland-bundesversicherungsamt-rechnet-mit-m/?no_cache=1&cHash=bff39284f26f649a4319e1faee8b1bb3
[5] Was ist Multiple Sklerose? Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e. V., 01.06.2018, Zugriffsdatum 06. Juni 2018: https://www.dmsg.de/multiple-sklerose-infos/was-ist-ms/
[6] Parkinson-Krankheit, Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München, Zugriffsdatum 06. Juni 2018: http://www.psych.mpg.de/847793/parkinson
[7] Chorea Huntington, Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Jena, Zugriffsdatum 06. Juni 2018: https://www.uniklinikum-jena.de/humangenetik/Diagnostik/Leistungsspektrum/Chorea+Huntington.html
[8] Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V., Zugriffsdatum 06. Juni 2018: https://www.dgm.org/muskelerkrankungen/amyotrophe-lateralsklerose-als