HÄMOPHILIE – ODER WAS HEISST „BLUTER-KRANKHEIT“

Bei Menschen mit Hämophilie oder der „Bluter-Krankheit“ ist die Blutgerinnung gestört. Wunden schließen beispielsweise deutlich langsamer als bei Gesunden. Außerdem kann es durch Stürze oder Quetschungen schneller zu inneren Blutungen kommen1.

Hämophilie – Mangel an Gerinnungsfaktoren

Ursache dieser Gerinnungsstörung ist, dass ein Gerinnungsfaktor fehlt. Bei der häufigeren Hämophilie A ist es Faktor VIII, bei Hämophilie B ist es der Gerinnungsfaktor IX. Das für diese Gerinnungsfaktoren verantwortliche Gen (Erbgut) ist defekt. Dieses Gen befindet sich auf dem X-Chromosom. Frauen können es meist mit einem gesunden Gen auf dem entsprechenden Y-Chromosom ausgleichen. Daher übertragen Frauen häufig die Bluter-Krankheit, ohne selbst krank zu werden. Bei Männern mit zwei X-Chromosomen fehlt diese genetische Ausgleichsmöglichkeit. Daher tritt die Erkrankung in der Regel bei Männern auf 1.

Hämophilie ist selten

In Europa tritt die Erkrankung bei einem von 10.000 Männern auf. Ein erhöhtes Erkrankungsrisiko tragen Familien, in denen bereits einmal ein Erkrankungsfall aufgetreten ist. Nach Schätzungen leben in Deutschland 10.000 Männer mit Hämophilie – darunter 3.000 bis 5.00 mit einer schweren Form der Bluter-Krankheit1.

3 Formen von Hämophilie

Hämophilie tritt je nach Schweregrad in drei Formen auf:

  1. Menschen mit einer leichten Hämophilie leben im Alltag häufig beschwerdefrei. Die Erkrankung fällt zumeist im Jugendalter auf, wenn Blutungen durch Verletzungen oder Operationen länger dauern.
  2. Bei einer mittelschweren Hämophilie treten gelegentlich Blutungen auf, jedoch meist mit erkennbarer Ursache wie eine Verletzung oder Operation.
  3. Häufige innere und schmerzhafte Blutungen sind typische für eine schwere Hämophilie. Diese Blutungen treten oft in den Arm- und Beinmuskeln sowie in Gelenken auf beispielsweise in Ellbogen, Knien oder Sprunggelenken. Da die Gelenke dabei anschwellen, schmerzen sie bei Bewegungen. Besonders gefährlich sind innere Blutungen im Gehirn oder im Bauch- und Rachenraum. Diese Form der Hämophilie zeigt sich bereits im Säuglingsalter, wenn die Kinder öfters als andere blaue Flecken aufweisen1.

Hämophilie-Therapie – Gerinnungsfaktoren ersetzen

Je nach Schweregrad unterscheidet sich die Behandlung der Hämophilie. Bei einer bedarfsorientierten Therapie erhalten die Patienten in der Regel nur bei einem Anlass den fehlenden Gerinnungsfaktor gespritzt: Zur Stillung einer Blutung oder vor einer Operation. In einigen Fällen erhalten diese Patienten Medikamente, um die Blutgerinnung zu stabilisieren. Für Menschen mit einer schweren Hämophilie empfiehlt es sich, Gerinnungsfaktoren regelmäßig vorbeugend zu spritzen1.

Hämophilie – die „Krankheit der Könige“

Die Hämophilie erreichte eine bemerkenswerte Bekanntheit, da die Bluter-Krankheit auch unter den Mitgliedern einiger europäischen Adelshäuser auftrat. So litten die Söhne der englischen Königin Victoria an starken, schwer zu stillenden Blutungen. Auch einige Nachkommen von Königin Victoria am russischen Zarenhof waren davon betroffen. An Hämophilie erkrankten außerdem weitere Nachfahren der englischen Königin in Adelsfamilien in Spanien und Deutschland2.

 

Letzte Aktualisierung: 08.02.2021

REFERENZEN

[1] Hämophilie (Bluterkrankheit), Gesundheitsinformationen.de, Herausgeber: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Zugriffdatum 06. Mai 2018: https://www.gesundheitsinformation.de/haemophilie-bluterkrankheit.2677.de.html
[2] Mitglieder der Königsfamilie litten an Bluterkrankheit, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, 09.10.2009, Zugriffdatum 06. Mai 2018: https://www.spektrum.de/news/mitglieder-der-koenigsfamilie-litten-an-bluterkrankheit/1010452