ATEMSTÖRUNGEN

Typisch für eine normale Atmung im Ruhezustand ist eine regelmäßige Atemfrequenz sowie eine gleichförmige tiefe Atemintensität, ohne Fremdgeräusche und ohne Geruch. Bei starker physischer oder psychischer Belastung, großer Hitze oder in großen Höhen, kann es zu Atemstörungen kommen 1.

Atemstörungen können auch Symptome für Atemwegserkrankungen oder andere Krankheitsbilder. Zu deren Ursachen zählen Schmerzen, Kreislauf- und Stoffwechselstörungen oder Anämien 1.

Schluckauf

Der Schluckauf soll die Lunge vor eindringender Flüssigkeiten schützen und festsitzende Fremdkörper in der Speiseröhre weitertransportieren. Das typische „Hicksen“ entsteht durch Reizung des Zwerchfellnervs, so dass sich das Zwerchfell reflexhaft zusammenzieht. Durch den erweiterten Brustraum saugt die Lunge Luft an. Beim ruckartigen Einatmen verschließen sich die Stimmlippen und es entsteht das typische Schluckauf-Geräusch. Die lange Reizleitung vom Hirnstamm zum Zwerchfell ist für Störungen anfällig. Daher können Aufregung, Alkoholkonsum oder hastiges Essen einen Schluckauf auslösen. Bei Schluckauf hilft das Ein- und Ausatmen in eine geschlossene Tüte, da der Kohlendioxid-Wert im Blut steigt. Das Atemzentrum will mit erhöhter Sauerstoffzufuhr ausgleichen und schaltet den Schluckauf ab 1.

Mehr zu Atemkontrolle

Hypo- und Hyperventilation

Eine krankhaft verlangsamte Atmung (Hypoventilation) von wenige als 12 Atemzüge pro Minute kann durch eine Schädigung des Atemzentrums im Gehirn entstehen – unter anderem durch ein Schädel-Hirn-Trauma. Dadurch staut sich Kohlendioxid im Blut und es kommt zu einem Sauerstoff-Mangel. Häufig erhalten die Betroffenen Sauerstoff per Beatmungsgerät.

Eine zu schnelle Atmung (Hyperventilation) im Ruhezustand mit über 20 Atemzügen pro Minute führt zu einem zu geringen Kohledioxid-Gehalt im Blut. Der pH-Wert im Blut steigt an. Der Calcium-Spiegel im Blutplasma sinkt. Nerven und Muskeln werden über-erregt: Es kommt zu Kribbeln in den Händen und Füßen, Kopfschmerzen bis hin zu Muskelkrämpfen und Ohnmacht. Eine zumeist harmlose Hyperventilation legt sich beim Ein- und Ausatmen in eine geschlossene Tüte. Damit normalisiert sich der Kohlendioxid-Gehalt im Blut und schließlich die Atemfrequenz 1.

Mehr zu Atemkontrolle

Kußmaul-Atmung

Die Kußmaul-Atmung (Azidose-Atmung) kann bei einem diabetischen Koma auftreten. Durch das gestörte Blutzucker-Insulin-System bildet sich Aceton und das Blut übersäuert. Der Körper versucht, verstärkt Kohlendioxid abzuatmen, um den zu niedrigen Blut-pH-Wert zu korrigieren. Es kommt zu einer geräuschvoll-intensivierten Atemtätigkeit (Hyperventilation) mit regelmäßiger Frequenz 1.

Cheyne-Stokes-Atmung

Typisch für die Cheyne-Stokes-Atmung ist ein periodisches An- und Abschwellen der Atmung mit kurzen Pausen. Tiefe Atemzüge werden immer flacher und münden in einen kurzen Atemstillstand (Apnoe). Dieser kann mehr als zehn Sekunden andauern, bis wieder flache Atemzüge einsetzen, die sich zunehmend vertiefen.

Eine Ursache der Cheyne-Stokes-Atmung kann eine Schädigung des Atemzentrums sein. So wird der Atemreiz sowohl unter- wie übersteuert vermittelt. Außerdem entsteht die Cheyne-Stokes-Atmung bei unzureichender Durchblutung des Gehirns, beispielsweise bei Schlaganfällen. Bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz tritt sie häufig nachts auf. Die Cheyne-Stokes-Atmung ist auch eines der Symptome bei akuter Höhenkrankheit 1.

Mehr zur Höhenkrankheit

Biot-Atmung

Bei der Biot-Atmung unterbrechen plötzliche Pausen kräftige und gleichmäßig tiefe Atemzüge. Die Biot-Atmung weist auf eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Atemzentrums hin. Ursachen können Hirnblutungen durch ein Trauma oder Hirnödem sein, durch die der Druck im Schädel ansteigt. Das geschädigte Atemzentrum reagiert dann nur noch auf Sauerstoffmangel im Blut und ignoriert einen Kohlendioxid-Anstieg.

Biot-Atmung tritt zudem bei Frühgeburten vor der 34. Schwangerschaftswoche auf. Möglicherweise ist das Atemzentrum der Frühgeborenen noch nicht vollständig entwickelt, so dass sie künstlich beatmet werden müssen 1.

Atemstillstand (Apnoe)

Ursache eines Atemstillstands kann eine mechanische Verengung der Atemwege sowie eine Lähmung des Atemzentrums oder der Atemmuskulatur sein. In der Folge kommt es zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff (Hypoxie), auf die vor allem das Gehirn empfindlich reagiert. Ohne sofortige Erste-Hilfe-Maßnahmen führt der Atemstillstand nach drei bis fünf Minuten zum Hirntod 1.

Schlafapnoe-Syndrom

Nach grobem Schätzungen leiden rund 4 Prozent der Erwachsenen in Deutschland am Schlafapnoe-Syndrom 2, einem häufig auftretenden Atemstillstand während des Schlafs.

Zentrale Schlafapnoe

Bei der selteneren, zentralen Schlafapnoe sind die Atemwege geöffnet, aber die Muskeln in Brust und Zwerchfell bleiben inaktiv. Dabei setzt der Luftfluss mindestens fünf Mal innerhalb einer Stunde für mehr als zehn Sekunden vollständig aus. Der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt so stark, dass das Atemzentrum den Schlafenden „weckt“ und ihn zum Atmen zwingt. Dieses wecken nimmt der Betroffene nicht bewusst wahr. Bei der zentralen Schlafapnoe ist das zentrale Nervensystem (ZNS) geschädigt. Möglicherweise stecken genetische Ursachen oder Infektionen hinter der zentralen Schlafapnoe 1.

Obstruktive Schlafapnoe

Beim häufigeren, obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) sind die Atemwege behindert. Ursache der obstruktiven Schlafapnoe ist eine erschlaffte Skelettmuskulatur insbesondere um die oberen Atemwege. Dadurch kann die Luftröhre dem auftretenden Unterdruck beim Einatmen nicht mehr Stand halten. Der obere Teil der Luftröhre fällt zusammen und die Atemwege verengen oder verschließen sich. Typisch für die obstruktive Schlafapnoe ist ein lautes und unregelmäßiges Schnarchen mit Atempausen. Mögliche Ursachen sind unter anderem: eine verstärkte Mundatmung durch Infektionen der oberen Atemwege, geschwollene Nasenschleimhäute, eine verformte Nasenscheidewand oder vergrößerte Polypen. Übergewicht mit Fettablagerungen im Rachenbereich begünstigt die Apnoe-Neigung. Schlafen ausschließlich in Rückenlage oder Alkohol können die Schlafapnoe verstärken.

Die Atemstillstände können hundertfach auftreten und bis zu 90 Sekunden dauern. Die ständigen Not-Weckaktionen des Atemzentrums lösen eine Stressreaktion mit Adrenalinausschüttung aus. Blutdruck und Herzfrequenz steigen, um den vorrübergehenden Sauerstoffmangel im Gehirn auszugleichen. Die Sauerstoffsättigung des Blutes sinkt vom Normalwert 95 auf 60 Prozent. Aufgrund der fehlenden Schlafqualität kommt es zu Begleiterkrankungen wie Tagesmüdigkeit und Konzentrationsstörungen bis hin zu Depressionen. Mögliche Folgeerkrankungen sind zudem Bluthochdruck mit erhöhtem Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko sowie Herzrhythmusstörungen und Stresserkrankungen. Obstruktive Schlafapnoe wird mit einer lebenslangen Atemwegs-Überdruck-Therapie (Atemmaske) behandelt 1.

 

Letzte Aktualisierung: 02.08.2019

REFERENZEN

[1] Modifiziert nach: Berlit P., Memorix Neurologie, Zentrale und neuromuskuläre Atemstörungen, 4. Auflage (2006), Thieme Verlagsgruppe, ISBN 9783131400949, Zugriffsdatum 17. Mai 2018: 
https://www.thieme-connect.de/products/ebooks/book/10.1055/b-002-54096
[2] Schnarchen & Schlafapnoe - Definition und Häufigkeit, HNO-Ärzte im Netz, Zugriffsdatum 17. Mai 2018: https://www.hno-aerzte-im-netz.de/krankheiten/schnarchen-schlafapnoe/definition-und-haeufigkeit.html