MULTIMORBIDITÄT
Multimorbidität vor allem im höheren Lebensalter bedeutet, dass mehrere – meist chronische – Erkrankungen gleichzeitig auftreten und sich gegenseitig negativ beeinflussen. Diese Schädigungen bestimmter Organsysteme begünstigen gleichzeitig das Auftreten weiterer akuter Erkrankungen 1.
Multimorbidität nimmt mit dem Lebensalter zu
Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil von Personen, die an zwei oder mehr chronischen Krankheiten leiden. Für Deutschland hat die Analyse von Krankenkassendaten älterer Versicherter über 65 Jahre gezeigt, dass in dieser Altersgruppe bereits 62 Prozent wegen drei oder mehr chronischen Erkrankungen behandelt werden [2]. Ein typischer multimorbider Patient leidet z. B. gleichzeitig an Herzleistungsschwäche (Herzinsuffizienz), Niereninsuffizienz, Bluthochdruck, Diabetes und Gelenkbeschwerden. Die Lebensqualität des Betroffenen ist dadurch erheblich eingeschränkt 1.
Multimorbidität – Herz-Kreislauferkrankungen sind häufig
Zu den häufigen Erkrankungen gehören mit 45 bis 76 Prozent Herz-Kreislauf-Erkrankungen, beispielsweise Fettstoffwechselstörung, Krampfadern, Verkalkung der Gefäße im Gehirn, Herzinsuffizienz und Bluthochdruck 3.
Gelenkschmerzen durch Bewegungsmangel
Am meisten belasten ältere Patienten schmerzhafte Beschwerden des Bewegungsapparates (Arthrose und Osteoporose) und weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Weil die Gelenke aufgrund von Arthrose bei jeder Bewegung schmerzen, neigen die Betroffenen dazu, sich wenig zu bewegen. Bewegungsmangel und das damit verbundene Übergewicht ist jedoch ein wesentlicher Risikofaktor für andere Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Der Bewegungsapparat wird zusätzlich geschwächt, weil fehlendes körperliches Training zu Muskelabbau führt 1.
WHO: Bewegungsmangel macht krank
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in ihrem Gesundheitsreport 2004 körperliche Inaktivität für über 3,2 Millionen Todesfälle und 32 Millionen verlorene gesunde Lebensjahre (DALYs) verantwortlich gemacht. Nach den Schätzungen der WHO stehen etwa 20 Prozent der Fälle von Dickdarm- und Enddarmkrebs sowie 26,6 Prozent der Diabetes-Erkrankungen in Beziehung zu körperlicher Inaktivität. 30,4 Prozent der ischämischen Herzerkrankungen werden durch Bewegungsmangel zumindest mitverursacht 4.
Zu wenig Bewegung im Alter
Die Ergebnisse des im Jahr 2004 vom RobertKoch-Institut in Berlin durchgeführten Telefonischen Gesundheitssurveys belegen deutlich, in welchem Maße ältere Menschen unter Bewegungsmangel leiden. 12 Prozent der über 70-jährigen Männer und Frauen gaben an, sich wenig oder sehr wenig zu bewegen. Nur etwa ein Drittel der Männer und Frauen dieser Altersklasse trieben nach eigenen Angaben Sport in bescheidenem Umfang. Lediglich 34 Prozent der noch sportlich aktiven Frauen und 39 Prozent der sportlich aktiven Männer im Alter über 70 Jahren erreichten das untere Zeitlimit von wöchentlich einer Stunde. Nur elf Prozent der über 70-jährigen Frauen und 17 Prozent der gleichaltrigen Männer waren mindestens 2,5 Stunden in der Woche körperlich aktiv 5.
Zunehmen im Alter – Übergewicht und Adipositas
Im höheren Lebensalter steigt der Anteil Übergewichtiger oder Menschen mit Adipositas. Etwa ein Drittel der Frauen und ein Viertel der Männer über 60 Jahren leiden nach den Kriterien des Body-Mass-Index‘ (BMI) unter Fettsucht (BMI über 30) 6.
Multimorbidität im Alter verzögern
Multimorbidität im höheren Lebensalter lässt sich durch eine Umstellung des Lebensstils – mehr Bewegung und ausgewogene Ernährung – zumindest verzögern. Denn ein reduziertes Körpergewicht kann einen hohen Blutdruck oder hohe Blutzuckerwerte verbessern. Regelmäßige Bewegung während des gesamten Lebens kann Osteoporose vorbeugen. Bei normalem Körpergewicht sinkt das Risiko für Gelenksbeschwerden aufgrund von Arthrose 1.
Letzte Aktualisierung: 08.02.2021
REFERENZEN
[1] Modifiziert nach: Haß G., Krankheiten im Alter, 1. Auflage 2008, Bildungsverlag Eins GmbH, ISBN: 3427310310, Zugriffsdatum 03. Juni 2018: https://verlage.westermanngruppe.de/bildungsverlag-eins/artikel/978-3-427-31031-0/Krankheiten-im-Alter-Symptome-Pflege-und-Therapie
[2] Lenzen-Schulte M, Multimorbidität: Wenn Krankheiten interagieren, Dtsch Arztebl 2017; 114(20): A-998 / B-830 / C-812, Zugriffsdatum 03. Juni 2018:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/188825/Multimorbiditaet-Wenn-Krankheiten-interagieren
[3] Böhm K. et al., Gesundheit und Krankheit im Alter, Eine gemeinsame Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes, des Deutschen Zentrums für Altersfragen und des Robert Koch-Instituts, 2009, Zugriffsdatum 03. Juni 2018:
https://www.destatis.de/GPStatistik/servlets/MCRFileNodeServlet/DEMonografie_derivate_00000153/Gesundheit_und_Krankheit_im_Alter.pdf%3Bjsessionid=756BDD3B1DEDADFFE9C287CA17413B89
[4] Weltgesundheitsorganisation (WHO), Risk factors estimates for 2004, Zugriffsdatum 03. Juni 2018: http://www.who.int/healthinfo/global_burden_disease/risk_factors/en/
[5] Robert Koch-Institut, Körperliche Aktivität: Wie aktiv sind die Deutschen?, 14.06.2012, Zugriffsdatum 03. Juni 2018:
https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Degs/degs_w1/Symposium/degs_koerperliche_aktivitaet.pdf;jsessionid=8A85C674E95F1730E3B4E87AD3E9021E.2_cid381?__blob=publicationFile
[6] Robert Koch-Institut, Übergewicht und Adipositas in Deutschland: Werden wir immer dicker? 14.06.2012, Zugriffsdatum 03. Juni 2018: http://www.adipositas-gesellschaft.de/fileadmin/PDF/daten/degs_uebergewicht_adipositas_14-06-12.pdf