KLASSIFIZIERUNG UND DIAGNOSE
Wie die symptomatische Ausprägung ist auch der Verlauf der Multiplen Sklerose sehr variabel. Grundsätzlich unterscheidet man vier Verlaufsformen, die z. T. ineinander übergehen können.1
- Schubförmig remittierende MS (RRMS): Bei bis zu 90 Prozent der Patienten beginnt die Multiple Sklerose mit einem schubförmigen Verlauf. Bei der RRMS wechseln sich akute Krankheitsschübe, die von unterschiedlicher Dauer und Intensität sein können, mit symptomfreien Phasen ab.
- Sekundär progrediente MS (SPMS): Langfristig entwickeln die Mehrzahl der Patienten, die zunächst eine RRMS aufweisen, eine SPMS als chronische Verlaufsform. Es kommt hierbei zu einer langsam fortschreitenden Verschlechterung, unabhängig von Krankheitsschüben.
- Primär progrediente MS (PPMS): Bei zehn bis 15 Prozent der Patienten kommt es von Krankheitsbeginn an zu einer schleichenden Verschlechterung der Erkrankung.
- Benigne MS: Etwa fünf Prozent der MS-Patienten zeigen einen gutartigen Verlauf der Erkrankung und bleiben über Jahrzehnte hinweg ohne nennenswerte Behinderungen.
Grundlage für die Diagnose der Multiplen Sklerose bilden die McDonald Kriterien, die auch in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) verankert sind.2 Neben der Anamnese und der individuellen Symptomatik des Patienten spielen dabei bildgebende Verfahren (MRT) zur Identifikation und Charakterisierung der Läsionen im ZNS eine entscheidende Rolle. Ermittelt wird die sogenannte „Dissemination in space“ (DIS), also die räumliche Verteilung der Läsionen im ZNS und die „Dissemination in time“ (DIT), also die zeitliche Entwicklung. Als Kriterium für Multiple Sklerose ist aktuell nach den McDonald Kriterien von 2017 festgelegt, dass eine zeitliche und/oder räumliche Dissemination nachgewiesen werden muss.2
Weitere ausführliche Informationen zur Pathogenese lesen Sie unter: fokus-ms.de/ms-wissen/pathogenese
DIFFERENTIALDIAGNOSEN
Die vielfältigen Symptome und der variable Verlauf der MS bringen das Problem mit sich, dass viele verschiedene Differentialdiagnosen in Frage kommen. Im Folgenden ist nur eine Auswahl der häufigsten aufgelistet:3
- Vaskulitiden, rheumatoide Arthritis und Kollagenosen
- Erregerbedingte Erkrankungen
- Leukodystrophien
- Vitamin-B12-Mangel
- Neurosarkoidose
- Erkrankungen mit dem Leitsymptom einer progredienten spastischen Tetra- oder Paraparese
- Primäres ZNS-Lymphom
- Hashimoto-Enzephalopathie
- Susac-Syndrom
- Antiphospholipid-Syndrom
Die oben genannte Diagnostik dient dazu, Differentialdiagnosen auszuschließen.
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Letzte Aktualisierung: 16.05.2022
REFERENZEN
1 https://www.kompetenznetz-multiplesklerose.de/patienteninformationen/ueber-ms/verlaufsformen/ (Letzter Zugriff: 17.03.2022)
2 Thompson, A.J. et al., Diagnosis of multiple sclerosis: 2017 revisions of the McDonald criteria, Lancet Neurol 2018; 17: 162–173.
3 Schmidt et al. Multiple Sklerose. Kapitel 9, Seite 88-108; Differentialdiagnose, Sonderformen und Diagnosesicherung. 2018 Urban & Fischer/Elsevier.