Schizophrenie
Schizophrenie ist eine Erkrankung, die das Denken, Wahrnehmen, Fühlen und Handeln beeinflusst. Verschiedene Erscheinungsbilder sind seit dem Altertum bekannt. Entgegen der weit verbreiteten Meinung hat Schizophrenie nichts mit Persönlichkeitsspaltung zu tun.
Rund 800.000 Menschen in Deutschland erkranken mindestens einmal in ihrem Leben an Schizophrenie. Dennoch wissen viele Menschen nicht, was Schizophrenie ist. Aus Angst und Unwissenheit entstehen Misstrauen und Vorurteile.
Schizophrenie ist eine Erkrankung, die das Denken, Wahrnehmen, Fühlen und Handeln beeinflusst. Verschiedene Erscheinungsbilder sind seit dem Altertum bekannt und wurden früher als „Geisteskrankheiten" oder „Verrücktheit" bezeichnet. Zum ersten Mal wurde der Begriff „Schizophrenie" (Bewusstseinsspaltung) von dem Psychiater Egon Bleuler, Anfang des 20. Jahrhunderts verwendet. Entgegen der weit verbreiteten Meinung hat Schizophrenie nichts mit Persönlichkeitsspaltung zu tun.
Mediziner definieren sie als eine Erkrankung des Nervensystems bzw. als eine Stoffwechselstörung des Gehirns. Dabei nimmt man an, dass das Gleichgewicht bestimmter chemischer Botenstoffe im Gehirn gestört ist. Die häufigsten Symptome der Schizophrenie sind Realitätsverlust, Wahrnehmungs-, Bewusstseins- und Gefühlsstörungen, Störungen des Denkens und Wahnvorstellungen.
Schizophrenie ist eine sehr seltene Krankheit. Weltweit sind zwischen 0.5 - 1.0% der Bevölkerung daran erkrankt. Die jährliche Neuerkrankungsrate liegt bei 0.05%. Daraus ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 0.6 - 1%, im Laufe des Lebens an Schizophrenie zu erkranken. Männer und Frauen erkranken etwa gleich häufig, wobei die Krankheit bei Männern in der Regel früher, d.h. im Alter von 21 Jahren, bei Frauen durchschnittlich 5 Jahre später auftritt. Mehr als die Hälfte aller Schizophrenien beginnt zwischen der Pubertät und dem 30. Lebensjahr.
Viele Faktoren als Verursacher
Heute geht man von einem Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren aus, die eine schizophrene Erkrankung verursachen können. Durch den Einfluss genetischer Faktoren sowie durch schädigende äußere Einwirkungen kann es zu hirnstrukturellen Besonderheiten oder auch speziellen neurophysiologischen und biochemischen Veränderungen kommen, die zum Ausbruch der Erkrankung führen können. Dies gilt besonders bei Personen, die eine Veranlagung zur Schizophrenie besitzen. In diesen Fällen werden nicht selten psychische Faktoren oder Stress zu Auslösern für die Krankheit.
Die Bereitschaft (Vulnerabilität), eine Schizophrenie zu entwickeln, kann durch folgende Faktoren bedingt sein: Genetische Faktoren (Vererbung), neuropathologische Veränderungen, biochemische Prozesse, neurophysiologische sowie neuropsychologische Befunde und soziale Faktoren.
1. Genetische Faktoren
Personen mit schizophrenen Verwandten haben ein höheres Erkrankungsrisiko.
Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass es bei Schizophrenie-Kranken eine familiäre Häufung gibt, und dass dieser offensichtlich genetische Mechanismen zugrunde liegen. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit des Kindes liegt bei:
- 10%, wenn ein Elternteil erkrankt ist
- 37% (44% bei eineiigen, 12% bei zweieiigen Zwillingen), wenn beide Elternteile erkrankt sind
Vererbung spielt aber keine ausschließliche Rolle, denn bei etwa 60% der Erkrankten zeigen sich keine weiteren Schizophrenien in der Familie.
2. Neuropathologische Veränderungen
Durch eine Vielzahl von Studien konnte gezeigt werden, dass in den Gehirnen schizophren Erkrankter bestimmte Abweichungen von der Norm vorliegen.
Das können sein:
- Vergrößerung einzelner Hirnkammern (Hirnventrikel)
- Verkleinerungen von:
- Frontalhirn
- Temporallappen
- Kleinhirn
- Balken
Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen hirnmorphologischen Veränderungen und der schizophrenen Symptomatik konnte jedoch bisher nicht gesichert werden. Es gibt sowohl Erkrankte, die keine Veränderungen des Gehirns aufweisen, als auch Gesunde, die diese aufweisen, aber nicht erkranken.
3. Biochemische Prozesse
Zur Abwicklung von komplizierten Stoffwechselprozessen stehen Milliarden von Nervenzellen miteinander in Verbindung. Eine Vielzahl von chemischen Substanzen (Botenstoffe/ Neurotransmitter) steht in engem Kontakt mit diesem Zellgeflecht und ist an den dort ablaufenden Prozessen direkt beteiligt. Ausgehend von der Erkenntnis, dass die in der Behandlung von schizophrenen Psychosen wirksamen Medikamente sogenannte Dopaminantagonisten sind, steht das dopaminerge System im Zentrum der wissenschaftlichen Beobachtung.
4. Neurophysiologische / neuropsychologische Befunde
Störungen der Aufmerksamkeit, der Informationsverarbeitung und des Gedächtnisses gehören zu den zentralen Symptomen der Schizophrenie-Erkrankung. Typische Krankheits-Symptome können sich auf der Grundlage dieser gestörten Informationsverarbeitungsabläufe entwickeln. Kenntnisse über derartige Störungen ermöglichen ein besseres Verständnis des Erlebens und auch des Verhaltens im Alltagsleben von schizophrenen Patienten.
5. Soziale Faktoren
Bestimmte Erziehungsstile, familiäre Beziehungsstrukturen und Interaktionsmuster sowie belastende Lebensereignisse werden ebenfalls in ursächlichem Zusammenhang mit der schizophrenen Erkrankung untersucht. Eine direkte Verbindung ist jedoch wissenschaftlich nicht belegt. Es wird angenommen, dass die familiären und sozialen Lebensumstände den Verlauf der Erkrankung beeinflussen können.
Krankheitsbild und Diagnose
Die Symptomatik schizophrener Erkrankungen ist unter allen psychischen Erkrankungen die mit den meisten Facetten. Dies bedeutet, dass eine Systematisierung bzw. Untergliederung des komplexen Krankheitsbildes für die Diagnose und Behandlung von großer Bedeutung ist.
Vereinzelte Symptome reichen für die Diagnose Schizophrenie nicht aus. Erst eine bestimmte Konstellation der einzelnen Anzeichen ermöglicht unter Berücksichtigung der Dauer die Zuordnung zu einem speziellen Krankheitstyp.
Die schizophrenen Störungen sind in der Regel durch grundlegende und charakteristische Beeinträchtigungen von Denken und Wahrnehmung sowie inadäquate oder verflachte Affektivität gekennzeichnet. Die Klarheit des Bewusstseins und die intellektuellen Funktionen sind im Allgemeinen nicht beeinträchtigt.
Es gibt für die Diagnose typische Anzeichen, die auf eine Schizophrenie hindeuten. Die Symptome treten oft gemeinsam auf und sind von besonderer Bedeutung für die Diagnose:
- Gedankeneingebung oder Gedankenentzug, Gedankenausbreitung, Lautwerden von Gedanken
- Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten, deutlich bezogen auf Körper- oder Gliederbewegungen, bestimmte Gedanken, Tätigkeiten, Empfindungen oder Wahnwahrnehmungen.
- Kommentierende oder dialogische Stimmen, die über den Patienten und sein Verhalten sprechen; Stimmen, die aus einem Teil des Körpers zu kommen scheinen.
- Anhaltender, kulturell unangemessener oder völlig unrealistischer Wahn (z. B. die Annahme, eine religiöse oder politische Persönlichkeit zu sein / übermenschliche Kräfte und Fähigkeiten zu besitzen).
- Anhaltende Halluzinationen, begleitet von flüchtigen oder undeutlich ausgebildeten Wahngedanken ohne prägnante affektive Beteiligung (täglich über Wochen oder Monate auftretend).
- Gedankenabreißen oder Einschiebungen in den Gedankenfluss, was zu Zerfahrenheit, unverständlichen Aussagen oder Neologismen führt.
- Symptome wie auffällige Erregung, Haltungsstereotypen oder wächserne Biegsamkeit, Negativismus, Mutismus (Stummheit, Nicht-Sprechen) und Stupor (Reglosigkeit ohne äußerlich erkennbare psychische und körperliche Aktivität)
- Negative Symptome wie auffällige Apathie, Sprachverarmung, verflachte oder inadäquate Reaktionen - zumeist einhergehend mit sozialem Rückzug und verminderter Leistungsfähigkeit.
Eindeutige und konstante Veränderung bestimmter umfassender Verhaltensmuster, die sich in Ziellosigkeit, Trägheit, einer in sich selbst verlorenen Haltung und sozialem Rückzug äußert./p>
Formen der Schizophrenie
Schizophrene Erkrankungen können in unterschiedlichen Ausprägungen auftreten. Mediziner und Psychologen unterscheiden die folgenden Formen:
- Paranoide Schizophrenie
- Hebephrene (desorganisierte) Schizophrenie
- Katatone Schizophrenie (eine Schizophrenie, bei der der Patient in eine bleierne wächserne Starre verfällt)
- Undifferenzierte Schizophrenie
- Residuale Schizophrenie (Defektschizophrenie)
- Schizophrenia Simplex
Die Zuordnung zu den einzelnen Subtypen erfolgt anhand der Kombination, in der die Symptome auftreten.
Die Klassifizierung der Schizophrenie anhand einer „positiven" und „negativen" Symptomatik ist für die Therapie von besonderer Bedeutung. Positive Symptome sind Halluzinationen, Wahnphänomene, formale Denkstörungen, bizarres oder desorganisiertes Verhalten. Zu den negativen Symptomen zählen Sprach- und Affektverarmung, Apathie, Anhedonie und Aufmerksamkeitsstörungen.
Gestaltung des Therapiekonzepts
Die Behandlung der schizophrenen Erkrankung erfolgt in erster Linie durch eine medikamentöse Therapie, dabei werden hauptsächlich Antipsychotika (Neuroleptika) und unter Umständen auch andere Psychopharmaka, z. B. Antidepressiva oder Anxiolytika eingesetzt.
Grundsätzlich sollte für jeden Patienten ein individueller Gesamtbehandlungsplan mit unterschiedlicher Gewichtung und definiertem Zeitablauf der gewählten Therapieverfahren (z. B. Psychoedukation) aufgestellt werden. Sowohl der Patient als auch dessen Angehörige sollten in die Gestaltung des Therapiekonzepts einbezogen werden. Neben der eigentlichen Psychopharmaka-Therapie spielt die psychosoziale Betreuung - im Sinne einer Einzel- oder Gruppentherapie - eine besondere Rolle.
Letzte Aktualisierung: 25.03.2014